Warnung: Dieser Artikel ist Jammern auf hohem Niveau. Ich gehöre zu den Glücklichen, die auch in diesen Krisenzeiten einen sicheren Job haben, auch wenn meine zusätzlichen Einnahmen als Fotografin stark reduziert sind. Ich habe schon vor Corona meinen Hauptjob zu 99 % aus dem Home Office erledigt und bin an das Arbeiten zu Hause gewöhnt. Ich bin gesund und lebe in einem Haus mit Garten. Kurzum: Ich bin verdammt dankbar! Aber das Reisen fehlt mir trotzdem. Deshalb möchte ich heute ein bisschen in Erinnerungen schwelgen und euch virtuell mitnehmen zu meinen liebsten Orten auf der Welt. Den Orten, die ich grad am meisten vermisse.
Algarve, POrtugal
Viele wissen es, die Algarve ist meine zweite Heimat und mein Zweitwohnsitz. Eigentlich hätten mein Mann und ich die Ostertage dort verbracht. Am 4. April wären wir mit dem Bus von Köln Richtung Lissabon aufgebrochen, hätten zwei Tage in meiner Lieblingshauptstadt verbracht und wären dann weiter heim an die Algarve gefahren. Zum ersten Mal seit fast 20 Jahren hatte ich Bustickets statt Flugtickets gekauft. Dem Klima zuliebe wollten wir 2 Tage busfahren, statt 3 Stunden zu fliegen. Anfang März sah es noch gut aus, doch dann schossen in Frankreich und Spanien die Fallzahlen nach oben und die Busreise kam mir immer mehr wie eine Corona-Hotspot-Tour vor. Wochen bevor überhaupt irgendein Statement von der Busgesellschaft kam, beschlossen wir, die Reise aus Sicherheitsgründen nicht anzutreten.
In Portugal gab es zwar erst spät die ersten Covid-19-Fälle, doch man nahm diese sehr ernst. Während es in der deutschen Kleinstadt, in der ich lebe, noch kaum Einschränkungen gab, befanden sich meine Freunde in Portugal schon längst in strikter Selbstisolation. Am 19.3.2020 rief Portugals Staatschef Marcelo Rebelo de Sousa den Notstand aus. Die Angst vor der Pandemie scheint dort insgesamt größer zu sein, kein Wunder angesichts der gerade erst ausgestandenen Krise und des vergleichsweise maroden staatlichen Krankenhauswesens. Was mich aber wirklich beeindruckt hat, ist die Disziplin der Portugiesen, mit der sie an die ganzen Einschränkungen herangegangen sind. Das macht mich ein kleines bisschen stolz.
Ich bin sehr froh, dass ich im Januar noch in Portugal war, denn so langsam mache ich mir Sorgen, dass ich dieses Jahr gar nicht mehr hinkomme. Es mag sich verwöhnt anhören, aber ich bin seit meiner Geburt mindestens 3 mal pro Jahr in Portugal. Es ist ein Teil von mir - mal abgesehen vom praktischen Part, dass ich mich um mein Haus kümmern muss, auch wenn ich ganz fantastische liebe Menschen dort habe, die für mich regelmäßig nach dem Rechten sehen. Aktuell hoffe ich, dass ich im Juli, wenn mein Auto dort zur jährlichen Inspektion muss, wieder hin kann.
Ich habe nicht das Bedürfnis, mich im August an die vollen Strände zu knallen oder in einem der zahlreichen Vergnügungsparks Viren-Ping-Pong zu spielen, ich möchte einfach gemütlich auf meiner Terrasse die portugiesische Sonne genießen. Mit einer guten Freundin in ihrem Lieblingscafé am Meer Ängste weglachen. Will mir die frische Antlantikluft auf den Klippen um die Nase wehen lassen und den Möwen beim Kreisen zusehen. Möchte im einsamen grünen Hinterland spazieren gehen und die herzensguten Menschen wiedersehen, die ich durch die Hilfsaktion für Monchique kennengelernt habe. Ich brenne darauf, wieder in den frühen Morgenstunden, wenn die Welt noch schläft, mit meiner Kamera loszuziehen oder in lauen Sommernächten den spektakulären Sternenhimmel zu bewundern.
Ich könnte noch ewig so weitermachen, denn die Algarve - und natürlich auch der Rest von Portugal - ist einfach wunderschön. Aber ein wenig Platz für andere Länder muss ja noch bleiben.
Kreta, Griechenland
In den letzten Jahren war ich mehrfach in Griechenland, dem Lieblingsland meines Vaters bevor meine Eltern in den 70ern Portugal für sich entdeckten. Während sie hauptsächlich auf dem Festland rund um Thessaloniki unterwegs waren und Freundschaften fürs Leben schlossen, fühlte ich mich von vielen unterschiedlichen Orten und Inseln angezogen. 2017 war ich in Athen und auf Kreta, 2018 folgten Zakynthos und Olympia. Und ich bin noch lange nicht fertig mit Griechenland. Zu unterschiedlich waren allein diese wenigen Ziele - auch wenn sie eines gemeinsam hatten - das kristallklare, ruhige Meer! So sehr ich Portugal liebe, bisher am liebsten - und sogar freiwillig - schwimmen gegangen bin ich im libyschen und kretischen Meer.
Kreta hat mir, abgesehen von Athen, bisher am besten gefallen, denn die Insel ist wahnsinnig abwechslungsreich, sowohl landschaftlich als auch kulturell. Vor allem an der Südküste kann man zudem noch echte Abenteuer erleben, so etwas habe ich in Europa sonst noch nirgendwo erlebt.
Auch die Sonnenaufgänge in der Einsamkeit der rauen Südküste kann ich nur sehr empfehlen. Einfach gute Laune hingegen macht das ehemalige Hippiedorf Matala mit
seinen faszinierenden Felswohnungen und der kunterbunten Ausgestaltung der Straßen, Häuser und Cafés. Hier durften wir das jährlich stattfindende Hippie-Festival miterleben. Morgens nach der
Party war der Ort jedoch wie leer gefegt.
Ja, wenn ich an Kreta denke, dann bekomme ich direkt wieder Lust auf eine Tour quer über die Insel, von Meer zu Meer, durch atemberaubende Schluchten über hohe Berge, in verschlafene Dörfer, zu historischen Klöstern und all das inmitten herrlicher Natur. Nicht zu vergessen das Wichtigste - die bezaubernden Kri-Kris, Kretas Ziegen! Ich liebe diese lustigen Gesellen.
Genau wie Portugal hat auch Griechenland erst vor kurzem eine große Krise meistern müssen. Covid-19 droht auch hier, alle Erfolge zunichte zu machen. Ähnlich wie in Portugal begann man auch in Griechenland früh mit Maßnahmen gegen die Pandemie, weshalb die Fallzahlen dort ebenso vergleichsweise gering sind. Wie die Algarve ist aber eben auch Griechenland stark vom Tourismus abhängig. Hinzu kommt, dass Griechenland wenig Industrie hat und dafür umso stärker auf dem Dienstleistungssektor fußt. Ein riesen Problem für das krisengebeutelte Land, auch wenn sich die Regierung tapfer schlägt. Es bleibt auch hier unklar, wann die Grenzen für Urlauber sich wieder öffnen.
Berchtesgardener Land, Bayern
Ja, es ist kein Zufall, dass ich hier Bayern wie ein eigenständiges Land aufführe, denn genau so kommt es mir dieser Tage vor. Überhaupt scheint mir Deutschland zerissen wie noch nie. Jedes Bundesland kocht sein eigenes Corona-Süppchen und dementsprechend verunsichert fühle ich mich. Mein Alltag spielt sich nämlich für gewöhnlich gleich in drei Bundesländern ab: Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem unbeugsamen Bayern. Im Rheinland lebe ich mit meinem Vater, in Rheinland-Pfalz sitzt mein Arbeitgeber und nach Bayern hat es meinen Mann beruflich verschlagen. Unsere Wochenend-Ehe ist seit Anfang März Geschichte, denn mein Mann darf nun auch ins Home Office. Also streiten wir uns nun 7 Tage die Woche um den besten W-Lan-Empfang. Danke Corona!
Spaß beiseite, wir kommen ziemlich gut miteinander klar, denn durch die vielen gemeinsamen Reisen können wir uns ganz prima dauerhaft ertragen. Und es gibt ja auch noch den Garten, den mein Mann seit Wochen wirklich ausgiebig und liebevoll beackert. Allerdings gehen ihm langsam die Klamotten aus, denn der Großteil seiner Sachen befindet sich in Bayern. Da der Freistaat mit Abstand die schärfsten Corona-Regeln innerhalb Deutschlands hat und viele Bestimmungen letztlich Auslegungssache und somit in der Hand einzelner Beamter sind, haben wir uns nun seit fast 2 Monaten nicht mehr getraut, in die Ingolstädter Wohnung zu fahren. Geschweige denn sonst eine Reise nach Bayern zu unternehmen. Zu gern hätte ich z. B. über Ostern einen Ausflug ins Berchtesgardener Land gemacht. Wenn schon nicht Portugal, dann doch zumindest der bislang in meinen Augen landschaftlich schönste Flecken deutscher Erde! Aber nein, wir wollen lieber kein Risiko eingehen. Und Urlaubsreisen innerhalb Deutschland sind ohnehin momentan nicht erlaubt. Leider wissen wir aber auch nicht, ob mein Mann bzw. ich seinen Zweitwohnsitz aufsuchen darf.
Oft hört man in den Medien, dass dieses Jahr wohl nur innerdeutscher Urlaub gemacht werden kann. Welch Hohn, hatten wir uns doch dieses Jahr ohnehin vorgenommen, die schönsten Orte Deutschlands zu besuchen, um weniger Flugmeilen zu machen. Denn ja, viel Urlaub habe ich bisher nicht in Deutschland gemacht. Es hat mich immer ins Ausland gezogen. In Deutschland Ferien zu machen, hat sich nicht so richtig nach Urlaub angefühlt. Mich stört es ja schon, wenn ich Deutsch im Ausland höre. Dabei gibt es so viele tolle Orte in Deutschland und als ich mich erst mal mehr damit beschäftigt hatte, wuchs meine Bucketlist rasant.
Da es mir 2017 so außerordentlich gut im Berchtesgardener Land gefallen hat, hält sich diese Region auch weiterhin auf meiner Liste. Das kristallklare Wasser der Bergseen, das Rauschen der Wassefälle und Klammen, die sattgrünen Wiesen mit mampfenden Kühen, verzauberte Wälder und spannende geschichtliche Zeitzeugen - das Berchtesgardener Land hat alles, um uns als Paar in den 7. Reisehimmel zu versetzen. Wandern, Fotografieren, die Natur genießen und spannende historische Orte besuchen, mehr braucht es nicht, um uns glücklich zu machen. Okay, das Essen spielt auch eine große Rolle. Das wird wohl zum Problem werden, denn seit Januar 2020 leben wir vegan - und das ländliche Bayern stelle ich mir da doch als Herausforderung vor. Nun gut, momentan ist ja eh alles zu. Wir werden sehen.
Ein Gutes hat diese ganze Corona-Geschichte ja: Die Natur bekommt Zeit, sich zu erholen. Weniger Flieger in der Luft, weniger Autos auf den Straßen, weniger Fabriken, die Luft, Flüsse und Erde verschmutzen. Ja ich sehe Corona nicht nur negativ. Die Pandemie stellt uns vor neue Herausforderungen, manche mehr, manche weniger. Doch solange wir zusammenhalten, werden wir auch das schaffen - und vielleicht ein bisschen klüger daraus hervogehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ich hoffe, der kleine Einblick in meine Sehnsuchtsziele hat euch gefallen. Welche Orte vermisst ihr ganz besonders in diesen kuriosen Zeiten? Verratet es mir doch in den Kommentaren!
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Bettina (Samstag, 25 April 2020 09:58)
Liebe Susanne, vielen Dank für deinen Text und die - wie immer - großartigen Bilder. Ich habe das große Glück, an meinem Sehnsuchtsort sein zu dürfen, in der Algarve. Aber ich wünsche mir, in diesem Jahr Marvão und Gerês zu sehen, zwei Wunschziele hier in Portugal. Und ich hoffe, auf einen Termin mit einer gewissen Fotografin... Vielleicht im September?! Sim, a esperança é última a morrer....