Alinas zweiter Besuch in Monchique am letzten Septemberwochenende führt sie zu Senhor Franco und seinen Tieren. Lest hier ihren egreifenden Bericht über den sympathischen Portugiesen, der sich sehnlichst wünscht, seine Schweine und Ziegen wieder ins Sonnenlicht lassen zu können.
Fotos & Bericht: Alina Stoica
Ihr Lieben, hier kommt ein weiterer Bericht vom vergangenen Samstag. Nachdem Fabio und ich die Community Água Balsa besucht haben, sind wir noch zu Senhor Francos Hof gefahren. Von ihm hatte ich bereits durch Clara Sousa Vicente von der Hilfsplattform „Ajuda Monchique“ gehört. Sie hatte ihm nach dem Brand – bei dem er sein Haus verloren hat – geholfen, den Schuppen, in dem er das Tierfutter lagerte, zu einem kleinen, aber gemütlichen Wohnraum umzugestalten. Sr. Franco wurde bereits im Jahr 2003 hart von den Feuern getroffen. Damals brannte sein Stall ab und seine Tiere kamen ums Leben. Dieses Mal hatte er Glück, der Stall wurde verschont und die Ziegen und Schweine sind nicht zu Schaden gekommen. Man hatte Senhor Franco angeboten, ihm eine neue Unterkunft zu besorgen. Er jedoch weigerte sich von Anfang an, das Grundstück, wo seine Tiere untergebracht sind, zu verlassen. Mit der Hilfe von Clara und weiteren Freiwilligen wurde der Schuppen mit einigen Möbeln, Kühlschrank und Herd ausgestattet und liebevoll dekoriert, sodass Sr. Franco vorerst hier wohnen kann.
Alfinete ist so klein, dass Google es nicht kennt.
Sr. Franco lebt in Alfinete, einer kleinen Ortschaft zwischen Monchique und Alferce. Nachdem ich es geschafft habe, den Weg nach Picota ohne Panikattacken zu meistern, fahre ich ganz mutig die Straße in Richtung Alferce – und es funktioniert. Kaum zu glauben, dass ich noch vor etwa einem Monat hier mit Herzrasen und Schweißausbrüchen im Schneckentempo durch die Kurven geschlichen bin.
Nach einigen Kilometern biegen wir von der Hauptstraße ab. Wir halten etwas oberhalb von Senhor Francos Haus an und gehen den restlichen Weg zu Fuß. Auch hier kann man deutlich erkennen, mit welcher ungeheuerlichen Kraft die Feuer gewütet haben. Die umgebende Landschaft ist zum größten Teil verbrannt. Wie durch ein Wunder sind die meisten Häuser den Flammen entkommen, nur wenige sind ihnen zum Opfer gefallen. Ich stelle mir die Frage, ob die Eigentümer in der Nacht, als es lichterloh brannte, geblieben sind und ihr Hab und Gut mit Wasserschläuchen und Eimern verteidigt haben.
Auf Sr. Francos Hof erwartet uns ein trauriges Bild, ein Anblick, den ich in den vergangenen Wochen leider zu oft ertragen musste. Sein Haus ist bis auf die Grundmauern komplett abgebrannt und nicht mehr bewohnbar. Die Räume liegen in Schutt und Asche, der Boden ist mit Trümmern bedeckt. Eine Gänsehaut bedeckt meine Arme und Beine, als ich vorsichtig durch die Fensteröffnungen spähe. In den Schlafzimmern kann man noch die kahlen Bettgestelle aus Metall erkennen, unter einem von ihnen steht ein mit Asche verschmierter Nachttopf. Wieder einmal wird mir schmerzlich bewusst, dass hier bis vor Kurzem alles seinen gewohnten Gang ging. In dieser verrußten Ruine lebte ein älterer Mann, der sich liebevoll um seine Tiere kümmerte, bis das Feuer ihm sein Zuhause genommen und die Normalität seines einfachen Lebens ohne eine Vorwarnung zerstört hat.
Kurze Zeit später kommt Sr. Franco uns entgegen. Ein kleiner, sympathischer Mann, den ich auf Mitte bis Ende fünfzig schätze. Er begrüßt uns mit der gleichen Herzlichkeit, mit der ich bisher von allen Betroffenen, die ich besucht habe, empfangen wurde. Es ist offensichtlich, dass er sich freut, uns zu sehen. Fabio stellt uns einander vor und erzählt ihm von unserem Hilfsprojekt. Ich frage ihn, welche Art von Unterstützung er am dringendsten benötigt. Sr. Franco muss nicht lange überlegen. „Ich brauche unbedingt einen neuen Zaun für meine Tiere“, antwortet er.
Zunächst zeigt er uns den spärlich ausgestatteten Schuppen, der ihm jetzt als Wohnung dient. Die freiwilligen Helfer haben einen tollen Job geleistet, der Raum ist zwar einfach, aber liebevoll eingerichtet. Ein Bett, eine kleine Kommode, ein Kühlschrank, ein Herd, ein Waschbecken, die nötigsten Dinge sind vorhanden. Sr. Franco bietet uns ein Glas Wasser und Cola an, erzählt uns von seinen Tieren und der Hilfe, die ihm von den Behörden versprochen wurde – auf die er bis heute noch wartet.
Gemeinsam gehen wir zu den Ställen. Ich kann den Schmerz auf Sr. Francos Gesicht erkennen, als er uns den völlig verbrannten Platz zeigt, auf dem seine Ziegen und Schweine zu grasen pflegten. Der Zaun ist niedergerissen, die Pfähle verbrannt, das Tierkot mit dem Erdboden verschmolzen. Die Ziegen waren gerade draußen, als das Feuer kam, erzählt uns Sr. Franco. Als der Zaun zerstört wurde, sind sie in Panik geflüchtet und haben sich im Stall versteckt. Obwohl rundherum alles lichterloh brannte, haben die Flammen es nicht bis ins Innere des Stalls geschafft. Ich schüttele mich bei der Vorstellung, was die armen Geschöpfe für Todesängste durchgestanden haben müssen.
Wir laufen um das Gebäude herum und betreten die Stallungen. So weit ich schauen kann, umgibt mich die Natur mit den mir inzwischen leider so vertrauten Grau- und Schwarztönen. Hier und da sprießt bereits Farn durch die Aschedecke. Kleine grüne Hoffnungskleckse inmitten der trostlosen Landschaft.
Im Ziegenstall brennt Licht. Auf der einen Seite stehen mehrere Ziegen und Zicklein zusammen. Zwei Böcke tragen einen kleinen Kampf miteinander aus, sie lassen erst voneinander ab, als Sr. Franco sie energisch anbrüllt. Die Tiere seien seit dem Brand vor fast zwei Monaten nicht mehr auf der Wiese gewesen, erzählt er uns. Er kann sie nicht freilassen, solange das Grundstück – oder zumindest der Platz, wo sie vorher standen – nicht eingezäunt ist. Ich spüre, wie mir Tränen in die Augen steigen. Diese armen Tiere haben seit mehreren Wochen kein Sonnenlicht mehr gesehen. Ich brauche nicht mehr zu überlegen, sage ihm sofort unsere Unterstützung zu. Während Sr. Franco sich weiter mit Fabio unterhält, schließe ich Freundschaft mit zwei kleineren Ziegen, die mich neugierig durch die Gitter betrachten. Eine von ihnen ist besonders schmusig, bittet um Streicheleinheiten, leckt mir über das ganze Gesicht. Ich bin schockverliebt! Wenn ich könnte, würde ich diese süße Kreatur am liebsten sofort mitnehmen.
Wir treten wieder ins Freie. Warmes Sonnenlicht empfängt uns. Sr. Franco führt uns hinüber zum Schweinestall. Die Luft ist von Kot- und Uringeruch geschwängert. Die Wasserpumpe funktioniert nicht mehr richtig, erzählt uns der Bauer. Der Druck reicht nicht, um das Wasser bis zu den Stallungen zu pumpen, um die Tierexkremente in die Sickergrube zu spülen.
Gemeinsam kehren wir zurück zu der Stelle hinter dem Ziegenstall, die eingezäunt werden muss. Fabio und Sr. Franco messen den Platz ab, ich notiere die Abmessungen. Fabio verspricht, sich so bald wie möglich nach den Preisen zu erkundigen und den Zaun + Zubehör zu besorgen. Ich werde diesen von den Spendengeldern bezahlen. In meinen Augen ist es ein Notfall, diese armen Tiere müssen schleunigst wieder die Chance bekommen, das Tageslicht zu genießen, sonst gehen sie ein.
Bevor Fabio und ich aufbrechen, führt Sr. Franco uns noch einmal zu den Überresten seines Hauses. Mit schwerfälligen Schritten stampft der grauhaarige Mann über die Trümmer, die einst seine Existenz ausmachten. Auf den eingestürzten Mauern haben die Flammen bizarre Rußbilder hinterlassen. Das Haus, dass Sr. Franco noch vor wenigen Jahren teilrenoviert hat, wird wohl komplett eingerissen und neu aufgebaut werden müssen. Hier hofft er auf die Hilfe der Behörden, denn ohne diese wird es ihm nicht möglich sein, die Kosten für den Wiederaufbau zu tragen.
Wir verabschieden uns von dem sympathischen Mann und versprechen, ihm so schnell wie möglich einen neuen Zaun zu besorgen. Ich verlasse den Hof mit gemischten Gefühlen. Und mit einer großen Portion Bewunderung für den schmächtigen Mann, der trotz dieses schweren Schicksalsschlags das Lächeln nicht verlernt hat.
Update
Den Zaun und das nötige Zubehör hat Alina bereits gekauft. Nun geht es ans Aufstellen!
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