Ouzoud - Ausflug ins Affenparadies

Die Ouzoud-Fälle in der Nähe des gleichnamigen Dörfchens im Mittleren Atlas gelten als die schönsten und größten Wasserfälle Marokkos. Auch ich habe deshalb im Dezember 2015 den Ausflug von Marrakesch nach Ouzoud gebucht, aber am meisten begeistert hat mich dort letztlich etwas anderes: die heimischen Affen! Das kleine Tal rund um die Wasserfälle beherbergt nämlich eine freche Affenbande, die eindeutig die Hosen anhat. Für mich war es das erste Mal, dass ich unsere tierischen Verwandten wirklich in freier Wildbahn gesehen habe - und es ist einfach faszinierend, wie ähnlich sie uns sind. Vor allem, wenn man mit ihnen interagiert. Aber schau selbst ...

Anfahrt nach Ouzoud

Das kleine Dorf Ouzoud liegt etwa 150 Kilometer entfernt von Marrakesch. Dementsprechend werden viele Touren ab Marrakesch zu den Ouzoud-Fällen angeboten. Ich habe sie damals über die App GetyourGuide gebucht, du kannst solche Ausflüge meist aber auch ohne Probleme im Hotel bzw. Riad direkt vor Ort festmachen. Aus meiner Erfahrung heraus, war die Onlinebuchung vorab allerdings ein wenig billiger als die kurzfristige Hotelbuchung. Das haben jedenfalls meine Gespräche mit anderen Tourteilnehmern ergeben.

Wie auch bei unseren anderen Ausflügen nach Ait Ben Haddou und Essaouira geht es vornehmlich durch ländliches Gebiet und kleine Dörfer, was für mich nie seinen Reiz verliert. Die Weite der rot-gelben Landschaft und die teils schneebedeckten Gebirgsketten des Atlas sind faszinierende Motive, vor allem am Morgen, wenn in den Tälern noch feiner Nebel hängt.


Für die Strecke von Marrakesch bis nach Ouzoud brauchst du mit dem Kleinbus der Tourveranstalter etwa 3 bis 4 Stunden. Du hast  also genug Zeit, die wechselnde Umgebung zu genießen. Lesen oder ähnliches ist bei den meist kurvigen Strecken ohnehin keine allzu gute Idee, wenn du nicht einen super resistenten Magen hast. Dazu ist aber wie gesagt die Landschaft mit ihren Bewohnern auch viel zu interessant meiner Meinung nach!


Auch zu sehen, wie das einfache und genügsame Landleben in Marokko funktioniert, hat etwas ungemein Friedliches. Wir passieren unter anderem einen Berbermarkt - ich habe noch nie so viele Esel auf einem Fleck gesehen.

Eines fällt immer wieder auf: Obwohl die Menschen hier harte körperliche Arbeit leisten müssen, wirkt das Leben hier auch wahnsinnig entspannt und entschleunigt. Manche Hütten, die wir passieren, haben nicht mal Elektrizität, aber das tut der Lebensfreude keinen Abbruch.

Wanderung zu den Ouzoud-Fällen

Als der Minibus auf einer kleinen Lichtung anhält, wartet schon ein lokaler Führer auf uns, der unsere kleine Gruppe zu Fuß hinunter ins Tal führt. Zunächst bin ich etwas skeptisch, da ich normalerweise lieber selbstständig unterwegs bin, und auch meine Freundin ist nicht begeistert, aber Hassan zerstreut unsere Bedenken schnell. Er hat eine sympathische, witzige Art und seine Erklärungen zur Natur und Umgebung durchaus interessant.


Ouzoud bedeutet übrigens nichts anderes als Olive - dementsprechend stapfen wir als erstes an einem Olivenhain vorbei. Hassen fordert einen jungen Mann in unserer Gruppe auf, doch einmal eine rohe Olive zu kosten und alle amüsieren sich prächtig über das herrlich verzogene Gesicht des Versuchskaninchens. Rohe Oliven sind nämlich alles andere als genießbar, sondern müssen erst mehrfach in Wasser eingelegt werden, um die Bitterstoffe auszuspülen. Wieder was gelernt!


Auf unserem Weg hinunter in die Schlucht ändert sich die Landschaft, an einer Stelle wirkt der Wald für mich wie ein amerikanischer Nationalpark, an der nächsten Ecke steht ein Esel vollbepackt mit Feuerholz und bunte Teppiche leuchten uns von einer Wäscheleine entgegen.

Kurz darauf sind wir schon an einem kleinen Bach inklusive Miniwasserfall, der von den größeren Fällen weiter oben gespeist wird. Es geht eine klapprige Holzleiter hoch auf ein kleines Felsplateau. Hier machen wir einen kleinen Stopp, wer Lust hat, kann von dem Fels in den See springen. Ein mutiges Mädel aus unserer Gruppe tut es auch, wir verzichten dankend. Stattdessen nutzen wir die Zeit für ein paar Fotos - Überraschung!


Dass wir gern uns ausgiebig Fotos machen, hat auch unser Guide schon gemerkt, weshalb wir fortan den Spitznamen "Japaneses" tragen. Nach dem kleinen Badeaufenthalt geht es jetzt weiter zu einem ersten Aussichtspunkt mit kleinem Außencafé, wo wir zum ersten Mal die Wasserfälle von Ouzoud in voller Pracht sehen können. Das Café besteht übrigens nur aus ein paar Plastikstühlen und einer kleinen Bude mit ein paar Getränken. Alles sehr rustikal, aber eben authentisch. Leider steht mittlerweile die Mittagssonne hoch am Himmel, weshalb es gar nicht leicht ist, schöne Bilder mit dem Wasserfall im Hintergrund zu machen, denn Schatten ist Mangelware.

Organisierte Ausflüge in Marokko sind eine super Sache, gerade für alleinreisende Frauen. Die Gruppen sind klein, die Führer in der Regel sehr nett und lustig, die Touren insgesamt haben ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und man kommt sicher an, egal wie weit es ist. Im Grunde hat mich nur eine Sache gestört: Meist kommt man genau in der Mittagszeit bei den Attraktionen an und hat dann eben fotografisch gesehen das schlechteste Licht. Aber gut, man kann nicht alles haben. Wenn man sich dessen bewusst ist, kann man aber trotzdem schöne Bilder hinbekommen. Oder man wartet auf die richtigen Models ...

Zunächst befinden wir uns aber wieder auf einem schmalen Weg, der ohnehin von Pflanzen und Bäumen halb überschattet ist und Hassan zeigt uns eine weitere Attraktion des Ouzoud-Tals: eine Gruppe Berberaffen. Sie sind zwar nicht so aufdringlich wie Händler auf dem Djemma el-Fna, aber trotzdem alles andere als scheu. Ein hübsches Exemplar sitzt direkt neben uns auf einer Mauer und lässt sich von unserem Guide mit ein paar Knabbereien dazu verlocken, auf unseren Köpfen Platz zu nehmen. Das alles geht ruckzuck, sodass es schon weiter geht, ohne dass meine Freundin an der Reihe gewesen ist. Zum Glück habe ich noch etwas Knäckebrot in der Handtasche und so werde ich - während unsere Gruppe schon weiter Richtung Wasserfälle wandert -  zur Affendompteurin, Kletterbaum und Fotografin.


Irgendwann hat der kleine pelzige Berber genug von uns und wir beeilen uns, die Gruppe einzuholen. Vorher treffen wir aber noch einen seiner Kollegen an einer Felstreppe, der zu meinem ganz besonderen Freund wird. Er scheint uns zu verfolgen und so hocke ich mich ihm schließlich gegenüber und starre ihn mit einer Mischung aus Aufregung und Faszination an. Er starrt zurück und ich merke, wie er anfängt meine Mimik zu imitieren.  Natürlich kann ich nicht widerstehen und muss einfach Grimassen schneiden, die mein neuer Freund sofort adaptiert. Es ist urkomisch und irgendwie unheimlich zugleich. "Yalla Yalla Japaneses!" tönt es nun von Hassan, denn wir sind wirklich lange weit abgeschlagen von der Gruppe unterwegs gewesen und so verabschiede ich mich schweren Herzen von meinem Mini-Me.

Die anderen wartenschon am Rande des Sees, in den die Wasserfälle mit einem ohrenbetäubenden Donnern hinunterprasseln. Zu sehen, wie die Wassermassen in mehreren Etagen über den roten Felsen mehr als 100 Meter  in die Tiefe stürzen, ist schon ein beeindruckender Anblick. Das Tal von Ouzoud wirkt durch den Kontrast von rotem Lehmgestein und grünen Feigenbäumen und Lianen auf mich wie eine Mischung aus Wüste und Dschungel.


Für umgerechnet 3 Euro darf man in eine Art Boot steigen und wird ganz nah an den prasselnden Wasserfall herangefahren. Die Konstruktion aus Blechtonnen, auf die man Bretter gebunden und dann Stühle befestigt hat, wirkt auf den Blick wenig vertrauenserweckend.

Wir wollen uns aber den Spaß nicht nehmen lassen und lassen uns auch mit dem marokkanischen Floß hinüberpaddeln. Alles geht gut und wir erreichen halbwegs trockenen Fußes das andere Ufer, wo wir erst einmal Mittagspause in einem kleinen Restaurant machen.

Es gibt leckere Fleischspieße vom Grill, verschiedenes aus der Tajine und Salate. Absolut ausreichend für meinen Geschmack. Schnell sind wir auch nicht mehr allein an unserem Tisch, neben kleinen Vögelchen hat sich auch eine Katze zu uns gesellt, die das ein oder andere Häppchen bekommt. Lange merken wir gar nicht, dass es noch weitere Besucher gibt. Als sich die Terrasse des Lokals zu unserer Linken etwas gelehrt hat und nur Tische voller Essensrest zurückbleiben, sehe ich im Augenwinkel plötzlich eine Bewegung. Seelenruhig sitzt dort ein Berberaffe auf der Mauer und verspeist Brotreste von den Gästen.

Nach dem Essen machen wir uns auf den Rückweg zum Busparkplatz, dieses Mal über den Hauptzugang zu den Wasserfällen, denn es geht eine von Ständen gesäumte Steintreppe hinauf zu einem Aussichtsplateau, über die wohl die meisten Tagesbesucher kommen. Es ist schon witzig, dass wir uns vorher komplett einsam in der Natur gewähnt haben und von dieser Seite sieht es dann aus, als würde man ein kleines Städtchen betreten, das den Wasserfällen vorgelagert ist.

So richtig belebt sind die Stände bei unserem Besuch im Dezember allerdings nicht, man lässt uns in Ruhe oder es ist erst gar niemand am Stand, der einen anquatschen könnte. So können wir in Ruhe die Aussicht auf die umliegenden Berge genießen. 

Als wir weiter die Treppen hinauf gehen, sehen wir dass das Bambusdach des Restaurants eine ganze Affenfamilie beherbergt. Relaxed futtern die Tiere Früchte und was ihnen sonst so in die Finger kommt. Weiter hinten sitzt sogar ein Muttertier gemütlich mit ihren Kleinen.

Auch hier müssen wir natürlich wieder Halt machen, aber Hassan kennt das nun schon. Er sagt auch gar nichts, als wir oben am Plateau Bilder machen, sondern fragt uns lieber, was wir von unserer "Strong woman" Angela Merkel halten. Er scheint sie zu bewundern, wenn auch vielleicht leicht widerwillig. Ähnlich gemischte Gefühle haben wir, als wir vom Rand der Klippen schauen, die so aussehen, als würden sie uns direkt unter den Füßen wegbröckeln.


Zurück beim Parkplatz wird uns bewusst, dass wir beim Hinweg einen kleinen versteckten Wanderpfad an der Rückseite der Fälle genommen haben, auf dem wir fast für uns waren. Ein großer Unterschied zu dem Trubel, der direkt an den Fällen herrschen kann. Von dort kann man übrigens auch noch längere Wanderungen in die nahezu unberührte Natur unternehmen. Für uns geht es jedoch jetzt zurück nach Marrakesch, wo wir am späten Nachmittag glücklich und zufrieden eintreffen. Der Ausflug zu den Ouzoud-Fällen hat sich gelohnt!

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